Betrachtung zur Botschaft der Muttergottes vom 2. November 2019

Betrachtung zur Botschaft der Muttergottes vom 2. November 2019

02.11.2019

Es ist kurz vor 6 Uhr in der Früh. Heute feiert die Kirche das Fest Allerseelen und betet für alle Verstorbenen, die unserer Gebete und Hilfe bedürfen, um in die Ewige Heimat einzugehen. Wir machen uns auf den Weg zum Erscheinungsberg, zum Podbrdo, wie man hier in Medjugorje sagt. Es ist noch dunkel, in der Ferne sieht man die Morgendämmerung aufscheinen.

Als wir beim Blauen Kreuz am Fuße des Erscheinungsberges ankommen, traue ich meinen Augen kaum, denn überall sitzen bereits Menschen. So viele sind schon vor 6 Uhr früh gekommen, um einen Platz so nahe beim Blauen Kreuz wie möglich zu bekommen. Wir haben das Glück nahe beim Blauen Kreuz zu sitzen – das erste Geschenk dieses ganz besonderen Tages.

Nachdem wir uns eingefunden haben, genieße ich die morgendliche Stille und die andächtige Stimmung, die den Ort erfüllt. Man merkt, dass die Menschen für das Gebet gekommen sind. Dann beginnt das Rosenkranzgebet: gemeinsam beten wir den Psalter, das heißt alle vier Rosenkränze und betrachten das Leben Jesu. Jedes Gesätzchen wird von jemand anderem in einer jeweils anderen Sprache vorgebetet. Viele Sprachen erkenne ich: italienisch, kroatisch, englisch, deutsch, andere sind mir fremd. Es ist unglaublich wie viele unterschiedliche Nationen vertreten sind. Unweigerlich denke ich an das Tagesevangelium vom Vortag (Allerheiligen), denn dort hieß es, dass Menschen „aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen“ (Off 7,9) im himmlischen Jerusalem vor dem Thron des Lammes stehen. Auch hier in Medjugorje haben sich Menschen aus den unterschiedlichsten Nationen und Sprachen eingefunden.

Etwa um 7 Uhr früh, hat sich der Himmel noch immer nicht wirklich gelichtet und es beginnt zu regnen. Zuerst nieselt es leicht, dann wird der Regen stärker. Ohne Unterbrechung wird es bis 9 Uhr vormittags, bis zur Erscheinung der Gottesmutter, durchgehend regnen. Doch zu meinem großen Erstaunen scheint sich niemand vom strömenden Regen stören zu lassen. Kein Murren, kein Unmut, sondern Sammlung, Gebet und Vorfreude erfüllen den Ort. Immer mehr Menschen kommen, suchen sich einen Platz und stimmen ins gemeinsame Gebet mit ein.

Am Ende des glorreichen Rosenkranzes, kurz vor 9 Uhr, kommt die Seherin Mirijana Dragičević-Soldo vor dem Blauen Kreuz an. Platzordner haben ihr einen Weg durch die Menschenmenge gebahnt und ihr einen Knieschemel bereitgestellt. Ich erlebe Mirjana als sehr gesammelt und ins Gebet vertieft. Sie hat ganz klare Augen und Gesichtszügen, auch wenn man ihr körperliche Schwäche und Schmerzen ansieht. Sie kniet sich nieder und stimmt in das Gebet mit ein. Meine Erwartung und Vorfreude wächst.

Plötzlich ist es so weit. Ein Mann ruft laut: „SILENZIO“. Im selben Augenblick verstummt das Gebet und kein Mucks ist mehr zu hören. In dieser absoluten Stille blickt Mirjana gebannt auf einen Punkt oberhalb von sich. Ihr Gesicht ist gelöst, ihr ganzer Körper gespannt und aufrecht – von ihrem vorhergehenden Zittern und krummen Rücken ist nichts mehr zu sehen. Mirjana bewegt immer wieder ihre Lippen, es sieht so aus als würde sie sprechen, ihr Gesichtsausdruck ändert sich laufend. Sie nickt verständnisvoll, dann legt sich Ernsthaftigkeit auf ihr Gesicht, dann wiederum strahlt sie vor Freude und Glück. Ich habe das Privileg sehr nahe am Geschehen zu sein: ich sitze oberhalb des Blauen Kreuzes und kann Mirjana von vorne sehen. Voller Achtung und tiefem Staunen schaue ich in die Augen der Seherin. Ich schaue in ihre Augen und weiß mit Sicherheit: sie sieht gerade die Muttergottes! Ihre Augen schauen in eine andere Welt, in die himmlische Welt, die sich in diesem Augenblick für sie öffnet. Tiefe Ehrfurcht ergreift mich bei diesen Gedanken. Vor mir kniet jemand, der in die Ewigkeit, in den Himmel blickt – in meine und unserer aller Zukunft.

Nach einiger Zeit senkt Mirjana ihren Blick und macht sie das Kreuzzeichen. Ihre Körperspannung lässt nach und ihr Blick ändert sich – die Erscheinung ist zu Ende. Jemand beginnt das „Salve Regina“ zu beten und alle stimmen in großer Dankbarkeit ein; denn die Muttergottes war hier, sie hat uns besucht und uns die Gnade ihrer Gegenwart geschenkt.

Um Mirjana herum, bildet sich eine Menschentraube und sie setzt sich. Was ich jetzt beobachten kann, ist höchst interessant: jemand setzt sich neben Mirjana und hat Schreibblock und Stift in der Hand. Die Seherin beginnt zu diktieren, was sie empfangen hat (Siehe Foto oben). Dabei lehnt sie sich gegen jemanden; sie wirkt erschöpft und angestrengt. Man sieht ihr an, dass sie gerade etwas Unbeschreibliches erlebt hat und nun Zeit braucht um wieder im Hier und Jetzt anzukommen. Sie muss sich konzentrieren, um das Gesehene und Erlebte zu Papier zu bringen.

Die anwesende Gebetsgemeinschaft betet die sieben Vater-unser und Gebete des Dankes, bis es zum Verlesen der Botschaft kommt. Zuerst wird sie in Kroatisch vorgelesen, dann folgen die ersten Übersetzungen in Englisch und Italienisch. Während ich zuhöre, versuche ich zu begreifen was gerade geschehen ist. Die Worte, die ich höre, hat die Gottesmutter, die Königin des Himmels und der Erde, vor wenigen Augenblicken Mirjana Dragičević-Soldo, vor meinen Augen gesagt. Während ich in die Augen der Seherin geschaut habe, hat die himmlische Mutter ihr diese Botschaft gegeben. Die Größe dieses Ereignisses ist kaum zu fassen!

Die Botschaft selbst ist von einer unglaublichen Liebe, Wärme und Mütterlichkeit sowie von einer großen Schlichtheit und Praktikabilität geprägt. Die Gottesmutter gibt ihren Kindern ganz konkrete Ratschläge: wir sollen Jesus in unseren Herzen und Gedanken tragen, wir sollen an Jesu Liebe und Opfer denken, wir sollen beten, das Evangelium regelmäßig lesen und über niemanden urteilen. Außerdem belehrt uns unsere gute Mutter darüber in welche Herzenshaltungen wir uns einüben sollen: wir sollen vertrauen, dass der himmlische Vater uns immer hört, wir sollen seine Gegenwart fühlen und ein Herz haben, das von der Liebe zu Gott und zum Nächsten geprägt ist.

Die Gottesmutter legt uns in dieser Botschaft voller Zärtlichkeit ans Herz, was sie sich von uns wünscht. Welche Herzenshaltung und welche Taten wir üben sollen. Noch einmal denke ich daran, welcher Tag heute ist. Es ist Allerseelen und die Kirche betet für all jene, die noch nicht bei Gott, sondern am Ort der Reinigung (Purgatorium) sind. Was zählt im Leben wirklich, was ist wichtig? Die Antwort ist radikal: letztlich ist nichts in unserem Leben so entscheidend wie unsere Beziehung zu Gott. Die Beziehung zu Gott und die daraus folgenden Taten entscheiden darüber wie unsere gesamte Ewigkeit sein wird! Ob wir einmal im Himmel, in der ewigen Freude und in der Nähe der Gottesmutter sein werden oder nicht. Wir sollen so leben, dass wir einmal in die ewige Gemeinschaft mit Gott eingehen können. Für nichts anderes ist dieses Leben da; nichts ist wichtiger als unsere ewige Zukunft. Unsere himmlische Mutter ist in Medjugorje gekommen, um uns den Weg in den Himmel zu zeigen, sie wünscht sich nichts mehr als unser ewiges Glück. Um dieses zu erreichen, gibt sie uns ihre Liebe und ihre Botschaften und lädt uns ein sie von Herzen zu leben.

Katharina Ebner, BA, MA

© Foto Gebetsaktion

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