Berührendes Zeugnis vom Innsbrucker Bischof Hermann Glettler über Medjugorje
17.02.2020
Interview mit Bischof Hermann Glettler, Diözese Innsbruck
von Maria Elfriede Lang-Pertl
Lieber Bischof Hermann, ihr Wahlspruch lautet: „Geht, heilt und verkündet!“ Würden sie uns diesen Wahlspruch näher erläutern?
Bischof Glettler: Gerne. Es ist der Auftrag Jesu, den er den Jüngern gegeben hat und damit auch uns. Ich möchte sagen, es ist eine Mobilisierung, die der Heilige Geist in uns bewirkt. Wir dürfen nicht bequem in unserer Komfortzone sitzenbleiben. Wir müssen uns bewegen, hin zu unseren Nächsten. Das war auch das Leben Jesu, seine Mission – Menschen zu suchen, aufzusuchen. Er war viel unterwegs im Grenzgebiet, der so halb heidnischen Dörfer im Norden Galiläas. Er bewegte sich immer auf die Menschen zu; das brauchen wir heute auch wieder, ja das heilt.
Eigentlich lautet der Auftrag Jesu: „Geht, heilt, befreit und verkündet!“ Es scheint mir, dass das Wort „befreit“ fehlt?
Bischof Glettler: Ja, es ist verkürzt. Jesus wird doch mit Recht nicht nur als Heiland, sondern auch als Befreier bezeichnet. Menschen, die mit ihm in Berührung kommen, werden freier, seelisch heil, manchmal auch körperlich. Ich habe das mehrmals erlebt. Durch unsere Verbundenheit mit Jesus können wir seine heilende Kraft in unser Lebensumfeld bringen. Ebenso können wir mit den Menschen teilen, was unser Herz erfüllt hat. Das ist Verkündigung. Sie wirkt befreiend.
Wie ist das zu verstehen, Herr Bischof Hermann?
Bischof Glettler: Das ist zuerst einmal die Befreiung von unserer Selbstbezogenheit. Das Hingehen zum Nächsten ist eine Befreiung von uns selbst, vom Kreisen um die eigenen Befindlichkeiten. „Heilen“ heißt auch “befreien“ und zwar von allen möglichen Geistern, welche die Menschen heute belagern und belasten. Ja, wir alle haben Befreiung nötig – von allem, was uns unnötig verängstigt, niederdrückt und belastet. Die Botschaft, die Jesus uns anvertraut hat, ist in allen Lebensbelangen eine heilende und befreiende Botschaft.
Vielleicht war diese „Frohe Botschaft“ schon Ihr Lebensprogramm, und Sie haben sie deshalb auch zu Ihrem Wahlspruch gewählt?
Bischof Glettler: Ja, es ist mir schon sehr früh ins Herz gelegt worden, den Schatz des Glaubens nicht für mich zu behalten. Ich habe als Schüler mit meinen Schulkollegen und Freunden sehr viel diskutiert. In Graz hatte ich Anschluss an eine charismatische Bewegung mit regelmäßigen Jugendgottesdiensten. In der Schule gehörte ich nicht zu den angenehmsten Schülern. Einigen Professoren machten wir wirklich Stress. Aber, wenn es um Fragen des Glaubens oder der Kirche ging, dann war ich sehr leidenschaftlich beim Verteidigen „der Sache Jesu“. Nach der Matura habe ich mit drei Freunden eine Reise in die Burgund gemacht. Wir haben neben Dijon, Cluny und Taizé auch Paray le Monial besucht. Es hat sich gefügt, dass wir an einem internationalen Jugendforum der Gemeinschaft Emmanuel teilnehmen konnten. Meine mitgebrachte Sehnsucht nach einem Leben in Gemeinschaft und mit einer missionarischen Ausrichtung wurde verstärkt. Evangelisation ist das erste und wichtigste Charisma von Emmanuel. Auch als Priester in der ganz gewöhnlichen Pfarrseelsorge war mir das Hinausgehen zu den „Marktplätzen unserer Zeit“ ganz wichtig. In meinem letzten Jahr vor meinem Ruf nach Innsbruck war ich schließlich Bischofsvikar für Caritas und Evangelisation in der Diözese Graz-Seckau.
Ist diese Ihre Offenheit gegenüber den religiösen Werten und Ihre Mitteilsamkeit ein Erbe von ihren Eltern oder hat sich das später entwickelt?
Bischof Glettler: Vieles ist mir durch meine Eltern geschenkt worden, vor allem durch meinen Vater. In unserer Familie hat auch der Cursillo eine große Rolle gespielt. In dieser Bewegung wird ebenso das Apostolat in einer zeitgemäßen Weise hochgehalten. Mein Vater hat eine sehr natürliche Begabung, Menschen auf das Wesentliche ihres Lebens und auf den Glauben anzusprechen. Er war Lokomotivführer und im Nebenerwerb Landwirt. Immer wieder hat er bekannte und unbekannte Leute in den Führerstand seiner Lok mitgenommen. Bei der Steiermärkischen Landesbahn war dies möglich. Ganz egal ob Hauptschüler, Universitätsprofessor oder normaler Arbeiter – mit allen hat er das Gespräch gesucht. Nicht selten sind es in entspannter Atmosphäre sehr tiefe Glaubens-Gespräche geworden.
Aber ich denke, dass auch Sie diese natürliche Begabung besitzen, mit den Menschen umzugehen, gerade auch als Bischof, denn dieses Hinwenden zum andern, zum Gläubigen, das scheint Ihnen wirklich zu liegen.
Bischof Glettler: Kann sein, aber ich kenne auch die Unsicherheit und die vielen inneren Barrieren. Ich möchte gerne dazu ermutigen, mehr Interesse füreinander zu entwickeln. Wirkliche Begegnungen sind ganz große Geschenke. Gerade auch von Menschen, die sich im Glauben schwertun oder mit der Kirche nichts zu tun haben, wurde ich oftmals positiv überrascht. Wir können immer voneinander lernen! Und wenn es zu einer echten Begegnung kommt, dann mischt sich Gott „ganz natürlich“ ein. Die Angst, die vielleicht manchem Gläubigen vor solchen Gesprächen in den Knochen steckt, würde ich gerne relativieren. Es ist notwendig, das eigene Gedankengehäuse zu verlassen, sich ein Stück weit mit der eigenen Überzeugung auszusetzen. Evangelisation ist nicht Propaganda, sondern immer eine Einladung für eine persönliche Begegnung – letztlich und in Allem mit Jesus, dem Herrn und Bruder aller Menschen.
Zum „Sich Aussetzen“ gehört die Grundtendenz „Hingabe“, gehört die Liebe. Ich habe gestern ein SMS bekommen mit den Worten: „Liebe ist, alles geben!“ Das steckt ja in diesem „Sich- Aussetzen“ drinnen. Da muss man manchmal über sich hinauswachsen.
Bischof Glettler: Es geht immer um die ersten, kleinen Versuche, dem Menschen, den uns Gott als Nächsten an die Seite stellt, etwas mehr an Aufmerksamkeit und Zeit schenken. Die große „Hingabe“ beginnt immer mit den kleinen Gaben und Gesten. Alles weitere entwickelt sich.
Das ist ja auch die letzte Botschaft der Gottesmutter von Medjugorje: für den anderen alles zu geben, da zu sein, das Letzte zu opfern, denn das will Jesus. Er hat es ja auch für uns getan!
Bischof Glettler: Jesus braucht uns als seine Freunde, um möglichst vielen Menschen einen “Weg des Heils“ zu ermöglichen. Wie schon gesagt, es beginnt immer mit den kleinen Entscheidungen und kleinen Gesten: Freude verstärken, gut über andere Menschen zu sprechen, Angenommen-Sein, vermitteln und vieles mehr. Viele kämpfen mit Einsamkeit, eine epidemisch sich ausbreitende Krankheit in unserer Wohlstandsgesellschaft. Menschen suchen durchaus auch etwas Spirituelles, selbst wenn es vorerst nur eine Suche nach „Energie“ ist. Das Zentrale unseres christlichen Glaubens ist Begegnung und Beziehung, dafür steht Jesus. Gott meint uns ganz persönlich, er will uns nicht nur mit einer anonymen Energie versorgen. Sein Heiliger Geist ist seine Herzens- Energie – jederzeit abrufbar.
Sie sagten, dass das Zentrale der christlichen Botschaft die Beziehung sei. Es gibt einen Ort -Medjugorje -wo Beziehung weltweit gepflegt wird. Die himmlische Mutter erwähnt oft in Ihren Botschaften: „Ich bin die Mutter aller, und Gott ist euer Vater, der Vater aller Menschen!“ Auch Ihr Wahlspruch, lieber Herr Bischof Hermann, ist dort präsent, denn in Medjugorje wird das Evangelium mit Maria gelebt. „Geht, heilt, befreit und verkündet!“ Das ist auch der Auftrag der Königin des Friedens an uns. Sie kennen Medjugorje, lieber Herr Bischof?
Bischof Glettler: Ja, ich war 1987 zum ersten Mal in Medjugorje. Es war der Palmsonntag. Ich habe eine Predigt von P. Slavko gehört, die mich sehr berührt hat, obwohl ich kein Wort Kroatisch verstehe. Ich stand am Haupteingang der Kirche und war zu Tränen gerührt. Ich hatte den Eindruck, dass er alles nur für mich sagt. Es war eine unglaublich schöne Erfahrung! Später war ich gelegentlich auch in Medjugorje und habe oft auch Beichte gehört. Einmal wollte ich für mich selbst ein paar geistliche Tage Auszeit nehmen. Aber dann kamen mehrere Busse aus Deutschland, die keinen Priester mit sich hatten. Es war auch sonst kein Deutsch-sprachiger Geistlicher da. Da musste ich einspringen und habe sehr viel Beichte gehört. Mittlerweile weiß ich es, dass an diesem Ort unendlich viel Befreiung durch Vergebung geschenkt wird. Neben denen, die dieses Sakrament regelmäßig empfangen, gehen an diesem kroatischen Wallfahrtsort ebenso viele zur Beichte, die wir in unseren Pfarren niemals dazu motivieren könnten. Medjugorje steht in meiner Auffassung für Umkehr und Vergebung: Gottes zärtliche Intensivstation. Menschen erleben durch die Versöhnung eine unbeschreiblich tiefe Freude. Sie leeren ihren inneren Mistkübel aus und erfahren Gottes überraschende Liebe. In Medjugorje Beichte hören zu dürfen, hat mich auch in meiner priesterlichen Berufung erneuert.
Medjugorje wird ja auch „der Beichtstuhl der Welt“ genannt. Wie schätzen Sie die Spiritualität in Medjugorje ein?
Bischof Glettler: Es ist eine ziemlich schnörkelfreie Spiritualität – abgesehen vom kitschigen Zeug der einschlägigen Souvenirläden. Alles führt immer direkt zu Christus hin. Bei den abendlichen Andachten wird gemeinsam auf Jesus geschaut, der im Eucharistischen Brot gegenwärtig ist. Maria ist in allem, speziell auch in ihren „Botschaften“ immer eine Weg-Weiserin auf Christus hin.
Hat Ihnen, lieber Herr Bischof Hermann, Medjugorje auch persönlich etwas gegeben?
Bischof Glettler: Ja, natürlich. Ich erinnere mich z.B. an einen Moment während einer Heiligen Messe. Von meinem Platz aus habe ich in die Berge- in Richtung Sarajewo- geschaut, als von einem libanesischen Priester das Evangelium auf Arabisch verkündet wurde. Ich musste an die Moscheen denken, die sich unweit von dort befinden. Im multikulturellen Bosnien-Herzegowina Jesu Frohbotschaft auf Arabisch und in vielen anderen Sprachen zu hören, bewegt mich. Ein ebenso starkes Erlebnis war der Kreuzweg hinauf auf den Kreuzberg. Ich habe immer noch die Bildtafeln am Rande dieses ausgesprochen steinigen Weges deutlich vor Augen. Es sind Bildwerke von hoher künstlerischer Qualität. Der Erscheinungsberg hat mir nicht so viel gegeben.
Viele Pilger, die in Medjugorje Bekehrung erlangt haben, sind dann zu wirklichen Aposteln geworden. Die himmlische Mutter ruft uns dazu ja immer wieder auf: „Apostel meiner Liebe“ oder „des Lichtes“ zu sein- so nennt Sie uns die letzte Zeit öfters. „Geht und bringt Liebe in die Welt. Lebt die barmherzige Liebe“! Das war Ihre Bitte an uns in der Botschaft am 2. Jänner an Mirjana Dragicevic-Soldo.
Bischof Glettler: Viele, die in Medjugorje waren, versuchen, das zu leben, d.h. auch in ihrem Alltag eine „Oase des Friedens“ zu sein. Dies ist natürlich ein großer Auftrag, der uns alle übersteigt, aber ein kleines Plus an Barmherzigkeit, an Nicht-Verurteilen und an Aufmerksamkeit können wir alle leben. Gelegentlich versuchen natürlich ganz besonders begeisterte Wallfahrer alle Menschen für Medjugorje „zu bekehren“. Das ist nicht notwendig. Aber in die Einfachheit unseres Alltags den Frieden und das Wissen um die Gegenwart des Herrn hineinzunehmen, darum geht es. Dass in jedem Moment ein Neubeginn möglich ist, dafür steht Medjugorje – und auch für die zärtliche Nähe der Mutter Gottes.
Ja, aber auch ein wenig Bescheidenheit und Diskretion in das, was uns der Herr durch Seine Mutter geschenkt hat, gehören sicher dazu.
Bischof Glettler: Man sollte möglichst behutsam mit dem umgehen, was man erfahren hat. Möglichst niemanden die eigene Erfahrung „aufdrücken“. Gott wirkt auf Seine Weise, er hat seinen Fahrplan mit jedem Menschen. Gott ist pünktlich. Wir müssen „nur“ unsere Sehnsucht verstärken und Menschen im Gebet mittragen, sodass sie in ihrer persönlichen Weise Jesus, dem Herrn begegnen können. Ich weiß, dass die wirkliche Quelle des Lebens, den Namen “Jesus“ trägt. Aber ich kann niemanden zwingen, zu dieser Quelle zu kommen. Jesus hat immer die persönliche Freiheit geachtet und eine Wahlmöglichkeit gegeben. Er hat sogar seine Apostel gefragt: „Wollt auch ihr weggehen?“ (Joh. 6,67) Er hat ihnen die Freiheit gegeben, auch zu gehen, aber sie auch wieder gesammelt.
Diese Aussage: „Er hat sie auch wieder gesammelt!“ Hat dieser Ausdruck für Sie eine bestimmte Bedeutung?
Bischof Glettler: Vielleicht ist das ein anderes Wort für Evangelisation, Menschen aus aller Zerstreuung zu sammeln, zusammen zu bringen und Begegnung zu ermöglichen. Sünde bewirkt das Gegenteil: Menschen werden einander fremd, lehnen sich innerlich ab und zerstören das Band der Verbundenheit. Umkehr ist notwendig. Aber die Schritte dazu sind für jeden eine Herausforderung. Wer möchte schon gerne sein Leben verändern? Wer möchte schon gerne etwas aufgeben, was zur Gewohnheit geworden ist? Den Frieden sucht jeder, aber ohne Umkehr, gibt es keinen Frieden.
Das ist ja auch der Sinn von Medjugorje. Das ist der Ruf der Mutter in Medjugorje. Sie kommt, sagt Sie, um uns bei der Umkehr zu helfen. Schon der Aufruf der Propheten, bei Isaias z.B., war: “Bereitet den Weg des Herrn! Ebnet seine Bahnen!“ (Jes. 40,3) Markus bringt diesen Aufruf zu Beginn seines Evangeliums mit dem Auftreten des Vorläufers Jesu, des Johannes, wieder (Mk. 1,3). Jesus selbst aber beginnt Sein öffentliches Wirken mit der Verkündigung: „Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe!“ (Mt. 4, 17).
Bischof Glettler: Ja, da müssen wir selbst vorangehen und diese Umkehr auch leben. Den Anderen Umkehr zu predigen, das ist immer leichter, als selbst aus der Umkehr zu leben.
In der Umkehr liegt innere Heilung, die in Medjugorje so oft geschieht, aber es geschehen auch viele körperliche Heilungen, die in der Chronik festgehalten werden. Auch wir durften eine Heilung in unserer Gemeinschaft miterleben. Eine Frau, die über 20 Jahre eine schwere Krankheit trug, die von den Ärzten als unheilbar galt, wurde während der Erscheinung in der Wiltener Basilika völlig gesund.
Bischof: Bestimmt würden mehr körperliche Heilungen geschehen, wenn unser Glaube groß genug wäre. Man darf sich aber nicht auf Heilungswunder fixieren. Gott ist kein Automat, der auf unseren Einwurf von Gebeten und Wünschen reagieren muss. Mit einem echten Vertrauen auf Gott könnte es mehr Heilungen geben, seelische, psychische und eben auch körperliche. „Geht, heilt und verkündet!“ ist der Auftrag, den Jesus Seinen Jüngern gegeben hat und damit auch uns.
Das will uns auch die Gottesmutter in Medjugorje lehren, wenn Sie sagt: “Übergebt euch Gott, damit Er euch heilen und trösten kann!“ (Bot. 25.6.88)
Danke, lieber Herr Bischof Hermann, Sie haben uns heute sehr viel gegeben. Wir wünschen Ihnen Alles Gute für Ihre weitere Arbeit im Reiche Gottes!
Die Gebetsaktion MEDJUGORJE dankt Maria Elfriede Lang-Pertl herzlich für dieses Interview, ebenso wie Bischof Herman Glettler für sein Wohlwollen gegenüber Medjugorje. Beten wir, wie uns die Muttergottes so oft bittet, viel für unsere Hirten!
Foto © Diözese Innsbruck/Aichner
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